Messer im Mittelalter

Die Messer im Mittelalter waren in ihrem Aussehen stark an Regionen und Zeiten gebunden, d.h. je nach Region und Zeit gab es sehr unterschiedliche Stile und Vorlieben. Für jede Zeit und Region sämtliche Stile und Konstruktionen zu beschreiben würde für den Umfang dieser Artikel zu weit gehen und könnte ganze Dissertationen füllen (tatsächlich hat es das auch). Daher will ich hier nur kurz auf einige wichtige Dinge und Besonderheiten eingehen.

Grundlegender Messeraufbau

Es gab drei Hauptkonstruktionen für Messer im Mittelalter:

Zum einen ist dies das sogenannte Steckangelmesser. Es war die früheste Konstruktion für Eisenmesser und war besonders im Frühmittelalter die verbreitetste Methode Messer zu montieren, blieb aber auch im Hochmittelalter weit verbreitet um einfache Messer herzustellen. Dabei besteht das Messer aus Klinge und Angel, wobei die Angel zum Ende hin meist spitz zuläuft. Zur Montage wird die Angel stark erhitzt und in einen Holzgriff gedrückt. Dieser kann bereits vorgebohrt sein um zu verhindern, dass die Angel bei diesem Vorgang aus der Mitte herausläuft. Dieser Schritt wird auch “Einbrennen” genannt. Wenn das Messer ausreichend abgekühlt ist, sitzt dieses in der Regel recht fest im Griff. Oft wurde allerdings zusätzlich Pech oder Weihrauch in den Griff gegeben, welcher durch die heiße Angel schmolz und das Messer nach dem Abkühlen fest mit dem Griff verklebte.

Weiterhin gab es das Griffangelmesser. Hier ging die Angel durch den gesamten Griff hindurch und wurde am Ende vernietet. Oft wurde hierbei der Griff durch Plättchen aus Messing, Kupfer oder Eisen verstärkt um die Vernietung zu vereinfachen und den Griff widerstandsfähiger zu machen. Diese Technik war im Hochmittelalter und noch bis ins Spätmittelalter am weitesten verbreitet.

Als letzte relevante Konstruktion ist das sogenannte Griffzungenmesser zu erwähnen. Dabei war die Angel zur Zunge verbreitert, die die Form des Griffes vorgab und von beiden Seiten mit den Griffschalen belegt, die in der Regel mit Nieten befestigt wurden. Diese Form setzte sich Ende des 14.Jahrhunderts und vor allem im 15.Jahrhundert durch.

Aufbau der Klinge

Messer im Mittelalter bestanden fast ausnahmslos aus einem Schweissverbund aus Raffinierstahl und Raffiniereisen.

Es gab dabei mehrere unterschiedliche Arten des Aufbaus:

  •  Zwei Lagen Stahl, senkrecht miteinander verschweisst (Buttweld). Der harte Stahl bildet die Schneide und der weiche Stahl oder auch Eisen bilden den Rücken.Buttweld
  • Harter Schneidenstahl wird schräg auf weichen Stahl verschweisst (Scarfweld).Scarfweld
  • Harter Schneidenstahl wird zwischen zwei oder mehr Lagen weichen Stahl oder Eisen verschweisst (Mehrlagenstahl).
  • Weicher Stahl oder Eisen wird um einen Kern aus hartem Schneidenstahl gelegt und verschweisst (Schneidkeil).Schneidkeil
  • Harter Stahl wird um einen Kern aus weichem Stahl oder Eisen gelegt und verschweisst.
  • Selten wurden Messer auch aus einem einzigen Stück Raffinierstahl oder -eisen hergestellt.

Qualität der Klingen

Die Qualität der gefundenen Klingen aus dem Mittelalter ist sehr unterschiedlich.

Untersuchungen haben ergeben, dass die Schmiede dieser Zeit offensichtlich sehr genau wussten was sie taten. Es wurden Klingen gefunden die erstaunlich komplexe Aufbauten hatten und deren Härtegefüge über 60 HRC aufwiesen also ähnlich wie heutige hochwertige Küchenmesser.

Es wurden aber auch Messer gefunden die kein Martensit aufwiesen sondern stattdessen Bainit (ein Zwischengefüge das erst seit neuestem wieder vereinzelt für Messer verwendet wird, da es im Gegensatz zu Martensit nicht zu spröden Brüchen neigt), welches bis über 60 HRC erreichte und daher Messer ermöglichte, die ebenso wie konventionell gehärtete ihre Schärfe gut halten können. Auf der anderen Seite wurden allerdings auch zahlreiche Messer gefunden die überhaupt kein Härtegefüge aufwiesen, da sie beim Härten nicht ausreichend schnell abgekühlt wurden, oder erst gar nicht genügend Kohlenstoff enthielten um Martensit zu erzeugen.

Außerdem gibt es Beispiele für Messer, die zwar ein ausreichendes Härtegefüge erreicht haben, dieses allerdings durch ungenaue Fertigung ausserhalb der Schneide des Messers lag, wodurch es ebenfalls schnell stumpf wurde.

Vergleich zu modernen Messern

Moderne Messer werden in der Regel aus nur einem Stück Stahl gefertigt. Dies hat Vor- und Nachteile. Einerseits können diese Messer brechen(speziell wenn sie sehr hoch gehärtet sind, ~ 60 HRC und mehr)), andererseits sind sie günstiger herzustellen und verbiegen sich nicht so schnell.

Die Kehrseite der Medaille ist die geringe Steifigkeit bei vielen historischen Konstruktionen. Proben und Tests an historischen Messern haben gezeigt, dass die durchschnittliche Härte am Rücken vieler Messer zwischen 100 und 200 HV (Härte Vickers) liegt und damit weicher ist, als weichgeglühte Zinnbronze. Bei Konstruktionen wie dem Schneidkeil, Mehrlagenstahl, Scarfweld oder auch Buttweld, bleiben dadurch oft grosse Teile der Klinge ungehärtet und bleiben plastisch verformbar. Der dünne Bereich der Schneide der gehärtet ist kann dem nichts entgegensetzen, und dadurch lassen sich diese Klingen schon mit einem sehr geringen Kraftaufwand dauerhaft verbiegen (einer der Gründe weshalb mittelalterliche Klingen oft eine Klingen-stärke von 4 – 5 mm aufweisen).

Klingen bei denen der harte Schneidenstahl um einen Kern aus weichem Eisen gelegt wurden (analog zur japanischen Kobuse-Technik), bleiben von diesem Nachteil weitestgehend verschont.