Messerstahl

Die Wahl des Stahls hängt vor allem von dem Einsatzbereich ab, für den das Messer bestimmt ist. Ist der Stahl zu hart und auf Schnitthaltigkeit getrimmt, ist er ungeeignet für Arbeiten bei denen die Klinge oder Schneide starken Belastungen ausgesetzt ist. Ist der Stahl zu weich um auch bei gröberen Arbeiten Ausbrüche der Schneide oder gar des ganzen Messers zu vermeiden, wird er seine Schärfe nicht lange beibehalten und im Handumdrehen stumpf werden.

Natürlich gibt es Techniken mit denen der Messerschmied gegensätzliche Eigenschaften miteinander verbinden kann (z.B. Selektive Härtung und Selektives Anlassen), aber auch das hilft nur bis zu einem gewissen Grad und kann einen extrem harten Stahl zu keinem Allroundmaterial machen. Es kann aber dabei helfen den Einsatzbereich von Fahrten- oder Outdoormessern zu verbreitern und Küchenmesser widerstandsfähiger für den Profieinsatz zu machen.

Unter anderem verarbeite ich folgende Stahlsorten

1.2842

1.2842 ist ein typischer Messerstahl. Dieser wird sehr hart und lässt sich sehr scharf ausschleifen ohne auszubrechen. Er ist nicht rostträge und zeichnet, wenn er zusammen mit anderen Stählen zu Damast verarbeitet wird, durch den hohen Mangangehalt sehr Dunkel. Der Stahl ist gut geeignet für Küchen- und Essmesser, bei durchschnittlicher bis guter Schnitthaltigkeit.

C75

C75 ist ein Federstahl mit hohem Kohlenstoffgehalt. Er wird oft für hochwertige Küchenmesser eingesetzt, die eine extreme Schärfe mit hoher Stabilität vereinen sollen. C75 ist nicht rostträge und daher besonders gut für Fleischmesser, Schinkenmesser und normale Essmesser geeignet, lässt sich aber mit der entsprechenden Wärmebehandlung auch für gröbere Einsatzbereiche wie Haumesser verwenden. Im Gegensatz zu vielen niedrig- und hochlegierten Stählen besitzt er nur durchschnittliche Schnitthaltigkeit, ist dafür aber leicht nachzuschärfen.

1.2235

1.2235 ist ein Werkzeugstahl mit rund 0,8% Kohlenstoff und einem kleinen Spritzer Chrom und Vanadium. Er ist etwas Härter und Schnitthaltiger als C75 und etwas robuster als 1.2842, 105W1 oder 1.3505. Ein Toller Stahl für Küchenmesser, aber auch für robuste Haumesser. Mein persöhnlicher Favorit für Outdoormesser die etwas mehr aushalten müssen aber trotzdem schneidfreudig sind. Der Stahl kann extrem scharf geschliffen werden, weist eine gute Schnitthaltigkeit auf und ist dabei leicht nachzuschärfen. Durch den geringen Chromanteil ist er nicht Rostträge.

105W1

105W1 ist ein unlegierter hochreiner Kohlenstoffstahl, der von der Zusammensetzung her mit dem Japanischen weissen Papierstahl vergleichbar ist. Er wird gerne für sehr hochwertige Küchenmesser verwendet und vereint eine hohe Schärfe mit guter Schnitthaltigkeit. 105W1 ist nicht rostträge und besonders gut für Fleisch- und Schinkenmesser geeignet. Er ist für seine hohe Schnitthaltigkeit sehr leicht nachzuschärfen.

1.3505

Der 1.3505 oder auch 100Cr6 ist ein Stahl der ursprünglich für Kugellager entwickelt wurde. Durch seinen hohen Gehalt an Kohlenstoff und den Spritzer Chrom ist er sehr Verschleissfest. Gleichzeitig hat er ein sehr feines Gefüge und ermöglicht somit schärfste Messer mit einer hohen Schnitthaltigkeit. Ein sehr empfehlenswerter Stahl für hochwertigste Küchenmesser. Durch den geringen Chromgehalt ist er zwar nicht Rostfrei, läuft aber nicht ganz so schnell an wie ein 1.2842 oder 1.2519.

1.2519

1.2519 ist ein niedriglegierter Kohlenstoffstahl und ein extrem harter Messerstahl. Durch die Legierungsanteile Wolfram, Vanadium und Chrom bildet der Stahl bei richtiger Wärmebehandlung extrem harte Karbide, die die Verschleissfestigkeit und damit die Schnitthaltigkeit extrem erhöhen.

Durch die Karbide erhöht sich allerdings auch die Korngrösse und das Material wird spröder und neigt eher zum Bruch. Außerdem lässt er sich nicht so scharf ausschleifen wie z.B. ein C75. Der 1.2519 ist besonders geeignet für Kochmesser, die gepflegt behandelt werden und ihre Schärfe über einen langen Zeitraum behalten sollen, ohne dass es notwendig ist nachzuschleifen. Er ist wegen des geringen Chromgehaltes nicht rostträge.

56Si7

56Si7 ist ein Federstahl mit hohem Siliziumgehalt. Es ist ein relativ flexibler Stahl, der eher für hoch belastete Klingen eingesetzt wird. Haumesser und Macheten können gut daraus hergestellt werden.

Dieser Federstahl wird gerne zur Herstellung von Fechtschwertern genutzt, da es aufgrund des Siliziumanteils hoch angelassen werden kann und im Gegensatz zu anderen Stählen keine Blausprödigkeit aufweist. Er kann daher für hochwertige, extrem bruchresistente Fechtschwerter genutzt werden. Er weist je nach Wärmebehandlung bereits härten um die 60HRC auf und kann daher auch gut für stabile Fahrtenmesser genutzt werden. 56Si7 kann sehr scharf geschliffen werden, hält diese aber bei entsprechender Nutzung nur unterdurchschnittlich lange und ist ebenfalls nicht rostträge.

SB1

SB1 ist ein hochlegierter Kohlenstoffstahl. SB1, Niolox oder 1.4153.03 ist ein sehr hochwertiger rostträger Messerstahl. Unter den rostträgen Stahlsorten ist er das Allroundtalent. Mit 0,8 % hat er einen relativ hohen Kohlenstoffgehalt. Durch den hohen Chromgehalt ist er schon Ledeburitisch (d.H. die Karbide im Stahl lassen sich beim Härten nicht mehr lösen).

Um die Grösse und Anzahl der Chromkarbide zu verringern, wurden geringe Mengen Niob hinzulegiert was zu einer geringeren Grösse der Karbide des Stahls führt und verhindert, dass sich diese an den Korngrenzen absetzen. Damit ist SB1 für einen rostträgen Messerstahl extrem flexibel und widerstandsfähig trotz hoher Schnitthaltigkeit. Die Karbide sind zwar etwas weniger Hart als in Karbidmonstern wie S30V, dafür sitzen sie fester in der Matrix des Stahls und sind feiner verteilt. Dadurch brechen sie bei einer fein geschliffenen Schneide nicht so schnell aus und können die Schärfe länger halten.

SB1 ist sehr für Outdoor und Fahrtenmesser zu empfehlen, die den Elementen ungeschützt ausgesetzt sind. Durch die hohe mögliche Schärfe ist er auch für Koch- und Gemüsemesser zu empfehlen. SB1 neigt durch die Korrosionsbeständigkeit beim Schneiden von Gemüse und Obst nicht zu dem metallischen Nachgeschmack vieler rostender Stähle. Der grosse Nachteil ist die aufwendige Verarbeitung(Tiefkühlbehandlung), die notwendig ist um das volle Potenzial des Materials auszunutzen.

1.4034

1.4034 oder 420er Stahl ist ein hochlegierter rostfreier Stahl. Während der 420er gerne aufgrund seiner Verwendung in günstigen Taschenmessern oder billigen Kochmessern belächelt wird, ist er trotzdem ein sehr hochwertiger Stahl. Er ist weitestgehend Rostfrei und durch seinen relativ geringen Kohlenstoffgehalt und moderaten Chromgehalt sehr feinkörnig. Dadurch kann man ihn fast genauso scharf bekommen wie rostende Stähle. Bei ordentlicher Wärmebehandlung wird er trotzdem recht hart und kann sich in Bezug auf seine Schnitthaltigkeit sehen lassen. Auch ohne Tiefkühlbehandlung sind hier 58 bis 60 HRC drin. Besonders empfehlenswert ist dieser Stahl für robuste Outdoormesser die neben Schärfe und Zähigkeit auch Rostbeständigkeit vorweisen sollten. Daneben ist er natürlich auch für Küchenmesser zu empfehlen.
Der einzige Stahl der in dieser Kategorie noch etwas besser ist, ist Chronidur 30. Dieser Stickstofflegierte Stahl ist nochmal etwas zäher, feiner und um ein vielfaches rostbeständiger. Allerdings ist er derzeit nur schwer zu erhalten.

75Ni8

75Ni8 ist ein niedriglegierter Kohlenstoffstahl. Er wird vor allem in Verbindung mit 1.2842 gerne als hellzeichnender Partner im Damast verarbeitet. Er lässt sich sehr leicht verschweissen und ergibt auch als Monostahl sehr hochwertige Messer, vergleichbar mit C75, welches aber aufgrund des höheren Preises nicht Sinnvoll ist. 75Ni8 ist durch den Nickelgehalt etwas weniger anfällig gegen Korrosion, ist aber nicht Rostträge.

Raffinierstahl

Dieses Material ist sozusagen das Original. Circa 2000 Jahre lang wurde es für die Produktion von Messern, aber auch für alle anderen Produkte aus Eisen verwendet. Es wird durch einen langwierigen Prozess in dem es viele Male gefaltet wird, aus der Luppe bzw. dem Renneisen/stahl gewonnen. Dies dient der Reinigung des Materials und ergibt nach sorgfältiger Ausführung einen homogenen Stahl, der mit heutigen unlegierten Monostählen vergleichbar ist.

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Klinge aus raffiniertem Rennstahl

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Klinge aus Rennstahl nach Hybridpolitur um die Struktur sichtbar zu machen

Die Eigenschaften dieses Materials sind vor allem abhängig von dem Kohlenstoffgehalt. Heutzutage wird er oft durch das Falten von unlegiertem Stahl z.B. 105W1 oder C75 erzeugt, wodurch eine ähnliche Struktur im Material erzeugt wird wie beim Raffinieren von Stahl aus der Luppe. Dafür ist es aber etwas günstiger in der Herstellung.

Raffinierstahl barren, etwa 500 Lagen aus Feilenstahl

Raffinierstahl barren, etwa 500 Lagen aus Feilenstahl

Damaststahl

Damaststahl, oder besser „mustergesteuerter Schweissverbund“ ist ein Schweissverbundwerkstoff, der aus zwei oder mehr verschiedenen Stahlsorten besteht und in der Regel durch Falten auf eine höhere Lagenzahl gebracht wird. Dieses Material wurde historisch in der Regel nur für Verzierungen verwendet und nicht als Ausgangsmaterial für das eigentliche Messer.

Heutzutage wird Damaststahl zwar oft als Klingenmaterial für teure und exklusive Messer verwendet, allerdings ist es selbst heute in allererster Linie eine Frage der Optik und nicht der Qualität. Es gibt selbst heute keinen Damaststahl der in seiner Leistung seine Ausgangskomponenten übertrifft, aber es gibt heute im Gegensatz zu früher Damaststähle, die keine schlechtere Qualität als ihre Komponenten haben und somit tatsächlich für die Verwendung von Messerschneiden geeignet sind. Ein solches Material wird häufig als Leistungsdamast bezeichnet und hat meistens eine Lagenzahl zwischen 120 und 360 Lagen. Ein Vorteil dieses Materials ist, dass man es optimal an seinen Einsatzzweck anpassen kann.

Historisch hatte Damast selten mehr als 10 Lagen und bestand in der Regel aus einem Raffinierstahl mit mittlerem Kohlenstoffgehalt und einem Raffiniereisen, das häufig einen hohen Phosphorgehalt hatte. Je nach Komplexität des Damastmusters findet bei der Verschweissung und dem Ausschmieden jedoch ein vollständiger Kohlenstoffausgleich statt, so dass die einzelnen Lagen einen gleichmässigen Kohlenstoffgehalt haben.